Vorweihnachtliches Werden

Wenn ich heute die vielen weihnachtlich geschmückten Innenstädte betrachte, erinnere ich mich an die 50er Jahre zurück, als wir noch in der Heckstraße wohnten.

Dort erlebte ich die innerörtliche Weihnachtsbeleuchtung ja richtig hautnah.
Und sie war für heutige Verhältnisse etwas ganz Besonderes.

Man konnte sie mit allen Sinnen wahrnehmen. Es waren ja nicht nur einfach Lichterketten, die über die Straßen gespannt wurden. Nein, es waren richtige echte Tannengirlanden.
Sie verzauberten nicht allein durch den Lichterglanz, sondern erfüllten die Luft zusätzlich mit dem schönsten Weihnachtsduft.

Diese Girlanden schmückten die Brückstraße von der Ruhrbrücke bis zum katholischen Krankenhaus, die Heckstraße bis hinter die evangelische Kirche, die Wigstraße, die Grafenstraße und den unteren Klemensborn bis hinter die Folkwangschule.

Stimmungsvoller kann eine Weihnachtsbeleuchtung nicht sein, als sie in den 50er Jahren in Werden war.

Eine der Tannengirlanden war an der Ecke unseres Hauses befestigt und ich hatte sie sofort im Blick, wenn ich aus dem Küchenfenster auf die Straße blickte. Ebenso wie den großen Tannenbaum vor der evangelischen Kirche, der ebenfalls mit einer Lichterkette geschmückt war und weihnachtliche Stimmung verbreitete.

Natürlich wäre eine solche Weihnachtsbeleuchtung schon aus ökologischer Sicht heute nicht mehr denkbar. Und auch in Werden wurde irgendwann die Beleuchtung auf einfache Lichterketten umgestellt.

Aber es ist für mich eine besonders schöne Erinnerung. Den Stadtvätern sei Dank!

Published in: on 17. Dezember 2009 at 16:50  Kommentar verfassen  
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als das Christkind uns eine kleine Schwester brachte

Die Vorweihnachtszeit war natürlich in jedem Jahr eine Zeit voller Vorfreude, Wünsche und Hoffnung. Was wird der Nikolaus sagen? Was mag das Christkind wohl bringen? War man artig genug gewesen?
Und natürlich bemühte ich mich, in den letzten Wochen vor Weihnachten auch, besonders gehorsam und lieb zu sein.

1957 war allerdings alles ganz anders, als in den Jahren davor.
In den letzten Wochen hatte ich oft Zucker für den Storch auf die Fensterbank gelegt und so, wie sich alle verhielten, konnte es gut sein, dass das Christkind uns in Stellvertretung ein Geschwisterchen bringen würde.

Eines Tages, Anfang Dezember, sollte ich zu Oma Reinicke, mein Bruder kam zu Oma Klein. Aus heutiger Sicht wäre es anders herum sinnvoller gewesen, weil die Oma Klein nur 3 Minuten von der Heckerschule entfernt in der Hufergase wohnte und von Oma Reinicke aus hatte ich einen mindestens halbstündigen Weg dorthin, aber vielleicht haben die Erwachsenen es auch so entschieden, weil ich viel lieber bei Oma Reinicke war.
Aber bei Oma Reinicke gingen die Uhren anders. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hatte eine Kuckucksuhr in der Küche, die immer zu schnell lief und jeden Tag aufgezogen werden musste. Gelegentlich blieb sie auch stehen und wurde dann nach dem Gefühl neu eingestellt. Das Radio wurde selten bis nie angemacht, weil es Strom kostete. Und ihren Wecker stellte Oma in Abstimmung mit der Kuckucksuhr. 😉
So kam es, dass ich jeden Morgen bei Schnee und Eis oft schon vor 6.00 zur Schule ging. Viel zu früh war ich dann dort und natürlich war weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Die Schule fing ja auch erst um 8.00 an.
Auch wenn Oma dafür sorgte, dass ich jede Menge Zeugs anhatte, wurde es mir doch richtig kalt auf dem Schulhof und meine Finger taten mir zu Beginn der Schulstunde höllisch weh.
Was mir noch im Gedächnis ist, ist mein Cousin Dagobert. Der ging in die 8.Klasse und war meistens der Erste der nach mir auf den Schulhof kam. Vielleicht gingen bei denen die Uhren auch alle etwas vor 🙂
Aber ich war jedesmal froh, nicht mehr alleine zu sein.

Wenn ich am Mittag wieder bei Oma ankam, wartete sie natürlich schon mit dem Essen und nach den Hausaufgaben machten wir es uns gemütlich.

Zum „Gemütlichmachen“ gehörten auch die Stutenkerle, die mir unvergesslich bleiben.
Ich liebte Stutenkerle, besonders die Frischen. Jeder, der zu Besuch kam, wollte mir damals mit einem Stutenkerl eine Freude machen. Aber natürlich wurden sie gut eingeteilt. Oma legte sie für mich zurück.
Was ich dabei aber nie verstanden habe: Obwohl ich doch gerade einen frischgebackenen Stutenkerl bekam, durfte ich den nicht essen sondern sie sagte, „erst müssen die Alten weg“ Die wurden am Nachmittag in warme Milch eingeweicht und ich saß mit langen Zähnen davor.
Aber trotzdem war es gemütlich bei Oma. 🙂

Eines Tages sagte mir die Oma, dass das Christkind bereits da war. Es habe uns ein Baby gebracht und ich dürfe es mir mit ihr ansehen gehen.
Am Nachmittag machten wir uns also auf zum evangelischen Krankenhaus. Die Schwestern dort kannten mich noch, da meine Mutter ja alle Babys von dort holte.
Nach der Besuchszeit, die früher sehr streng eingehalten wurde, konnte man die Babys ansehen. Das heißt, man ging vor eine Tür mit einer Glasscheibe, stand dort zwischen vielen, wildfremden Leuten und unter „AH und OH“ bestaunten alle die Babys, die hinter der Scheibe hochgehalten wurden.
Welches genau jetzt meine neue kleine Schwester sein sollte, wusste ich natürlich nachher immer noch nicht. Sehr große Unterschiede zwischen den Babys konnte ich nicht entdecken.

Einige Zeit später kam meine Mutter zurück nach Hause. Und als wir dann wieder alle zusammen waren, stand im Wohnzimmer der Stubenwagen, in dem meine kleine Schwester schlummerte. Ich war richtig stolz, dass wir vom Christkind ein Schwesterchen bekommen hatten.

Was das Allerbeste war: Trotzdem ist das Christkind am Heilig Abend nicht an unserem Haus vorbeigeflogen. Es gab einen wunderschönen Weihnachtsbaum und wie in jedem Jahr wurden auch unsere Wünsche erfüllt.

🙂

Sankt Martin

Mit dem Martinszug begann für mich als Kind in jedem Jahr die Vorweihnachtszeit.

Sicher habe ich ihn aber anders empfunden, als die meisten anderen Kinder. Das hatte damit zu tun, dass unser Vater ja ein sehr aktives Mitglied im Werdener Spielmannszug war.
St. Martin begann mit einer großen Putzaktion des jeweilig aktuellen Instrumentes. Manchmal spielte Papa die Lyra, was eine Menge Arbeit bedeutete, mal waren es die Becken, die blitzen und blinken mussten.

Wir Kinder hatten im Kindergarten extra für diesen Tag mit Hilfe von Schwester Marie Laternen gebastelt. Aus schwarzem Karton wurden Motive ausgeschnitten und mit buntem Transparentpapier hinterlegt. Auf dem Boden wurde dann eine Weihnachtsbaumkerze befestigt und zu Hause hatte meine Mutter einen Holzstock, an dem sie aufgehängt wurde.
Wenn es am Martinstag dunkel wurde, zogen wir mit Mama hinter den Werdener-Spielleuten und dem Stankt Martin auf seinem riesigen Pferd, durch die Werdener Straßen. Stolz trugen wir unsere Laternen und sangen mit den anderen Leuten die vertrauten Lieder, die von den Musikern gespielt wurden. „Sankt Martin, Sankt Martin, Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind….“ „Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir….“ und immer auch das Lied „Nikolaus komm in unser Haus….“

Weiter hintem im Martinszug zog ein weiterer Spielmannszug mit. Die Ruhrperle. Die beiden Spielmannszüge spielten immer im Wechsel, so, dass man ohne Pause von einem zum nächsten Lied kam.

Der Martinszug endete auf dem Hof des Werdener Gymnasiums und dort wurden dann auch die Martinsgänse verlost, die in einem hölzernen Käfig im Zug mit gezogen wurden, nichtsahnend, dass sie bald als Martinsgans auf den Tellern der glücklichen Gewinner landen würden.

Auf dem Schulhof wurde auch das Martinslied noch einmal gesungen und danach gingen wir voller Erwartung mit unserer Mutter nach Hause.
Ob der Martin wohl bei uns war? Ja, er war da, denn auf unseren Stühlen saß für jedes Kind ein großer Stutenkerl. Mit einer Tonpfeife!

Dieser erste Stutenkerl des Jahres gehörte zum Sankt Martin einfach dazu. Und er schmeckte himmlisch…naja, er kam ja gewissermaßen auch aus dem Himmel, denn Martin hatte ihn ja gebracht. Als Vorbote vom Nikolaus, der ja einige Wochen später auch wieder einen Stutenkerl brachte.

Und am Allerbesten war, dass man anfing sich auf das Christkind zu freuen. Auch wenn die Zeit bis dahin immer noch endlos lang erschien.

🙂

Published in: on 5. Dezember 2009 at 16:50  Comments (1)  
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